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BEZEICHNUNG

       fork - erzeugt einen Kindprozess

BIBLIOTHEK

       Standard-C-Bibliothek (libc, -lc)

ÜBERSICHT

       #include <unistd.h>

       pid_t fork(void);

BESCHREIBUNG

       fork()  erzeugt  einen neuen Prozess, indem der aufrufende Prozess dupliziert wird. Der neue Prozess wird
       als das Kind bezeichnet. Der aufrufende Prozess wird als Elternprozess bezeichnet.

       Der Kind- und der Elternprozess laufen in separaten Speicherbereichen. Zum  Zeitpunkt  von  fork()  haben
       beide  Speicherbereiche  den  gleichen  Inhalt.  Speicherschreibvorgänge,  Datei-Mappings  (mmap(2))  und
       Aufhebung von Mappings (munmap(2)) eines Prozesses beeinflussen den jeweiligen anderen Prozess nicht.

       Der Kindprozess ist ein exaktes Duplikat des Elternprozesses, mit folgenden Ausnahmen:

       •  Das Kind hat seine eigene eindeutige Prozesskennung, die mit keiner Kennung irgendeiner  existierenden
          Prozessgruppe oder Sitzung übereinstimmt (setpgid(2)).

       •  Die Elternprozesskennung des Kindes ist die gleiche wie die Prozesskennung des Elternprozesses.

       •  Das Kind erbt keine Speichersperren (mlock(2), mlockall(2)) des Elternprozesses.

       •  Für  das  Kind  wird  die  Nutzung  von  Prozessressourcen  (getrusage(2))  und  Zähler für CPU-Zeiten
          (times(2)) auf null zurückgesetzt.

       •  Die Menge der für das Kind anstehenden Signale ist anfangs leer (sigpending(2)).

       •  Das Kind erbt keine Semaphore-Einstellungen von seinem Elternprozess (semop(2)).

       •  Das Kind  erbt  keine  prozess-zugeordneten  Datensatzsperren  von  seinem  Elternprozess  (fcntl(2)).
          (Allerdings  erbt  es  offene  Dateideskriptionssperren  von  fcntl(2) und flock(2)-Sperren von seinem
          Elternprozess.)

       •  Das Kind erbt keine Timer von seinem Elternprozess (setitimer(2), alarm(2), timer_create(2)).

       •  Das Kind erbt keine ausstehenden asynchronen E/A-Operationen von  seinem  Elternprozess  (aio_read(3),
          aio_write(3)),   auch   asynchrone  E/A-Kontexte  des  Elternprozesses  werden  nicht  vererbt  (siehe
          io_setup(2)).

       Die Prozessattribute in der vorstehenden Liste  werden  allesamt  in  POSIX.1  beschrieben.  Eltern-  und
       Kindprozess unterscheiden sich auch in den folgenden Linux-spezifischen Prozessattributen:

       •  Das  Kind  erbt keine Nachrichten über Verzeichnisänderungen (directory change notifications, dnotify)
          von seinem Elternprozess (siehe die Beschreibung von F_NOTIFY in fcntl(2)).

       •  Die Einstellung PR_SET_PDEATHSIG  von  prctl(2)  wird  zurückgesetzt,  sodass  das  Kind  kein  Signal
          empfängt, wenn sein Elternprozess terminieren.

       •  Der   voreingestellte   Wert   für   den  Timer-Spielraum  (»timer  slack«)  wird  auf  den  aktuellen
          Timer-Spielraum des Elternprozesses gesetzt. Siehe die Beschreibung von PR_SET_TIMERSLACK in prctl(2).

       •  Speicher-Mappings, die mit dem madvise(2)-Schalter MADV_DONTFORK markiert wurden,  werden  nicht  über
          einen Aufruf von fork() hinweg vererbt.

       •  Speicher in dem Adressbereich, der mit dem madvise(2)-Schalter MADV_WIPEONFORK markiert ist, wird nach
          einem  fork()  im Kind genullt. (Die Einstellung MADV_WIPEONFORK verbleibt für diese Adressbereiche im
          Kind.)

       •  Das Terminierungssignal des Kindes ist immer SIGCHLD (siehe clone(2)).

       •  Die von ioperm(2) gesetzten Bits für Portzugriffe werden nicht an das Kind vererbt,  stattdessen  muss
          das Kind benötigte Bits mittels ioperm(2) aktivieren.

       Beachten Sie die folgenden weiteren Punkte:

       •  Der  Kindprozess  wird  mit einem einzigen Thread erstellt – demjenigen, der fork aufrief. Der gesamte
          virtuelle Adressraum des Elternprozesses wird im Kind  repliziert,  einschließlich  der  Zustände  der
          Mutexe, Zustandsvariablen und anderer »pthread«-Objekte; die Verwendung von pthread_atfork(3) kann für
          die Behandlung von dadurch verursachten Problemen hilfreich sein.

       •  Nach  einem fork() in einem Multithread-Programm kann das Kind sicher nur async-signal-safe-Funktionen
          aufrufen (siehe signal-safety(7)), bis es execve(2) aufruft.

       •  Das Kind erbt Kopien der Menge der offenen Dateideskriptoren des Elternprozesses. Jeder Deskriptor des
          Kindes bezieht sich auf die gleichen offenen Dateideskriptoren (siehe open(2)) wie  der  entsprechende
          Dateideskriptor   in   dem  Elternprozess.  Dies  bedeutet,  dass  die  beiden  Dateideskriptoren  die
          Statusschalter geöffneter Dateien, den Datei-Offset  und  signalgesteuerte  E/A-Attribute  (siehe  die
          Beschreibung von F_SETOWN und F_SETSIG in fcntl(2)) gemeinsam nutzen.

       •  Das    Kind    erbt   Kopien   der   Menge   der   Deskriptoren   des   Elternprozesses   für   offene
          Nachrichten-Warteschlangen (siehe mq_overview(7)). Jeder Dateideskriptor des Kindes bezieht  sich  auf
          die   gleiche  Nachrichtenwarteschlangendeskription  wie  der  entsprechende  Dateideskriptor  in  dem
          Elternprozess. Das bedeutet, dass  die  beiden  Dateideskriptoren  die  gleichen  Schalter  (mq_flags)
          gemeinsam nutzen.

       •  Das Kind erbt Kopien der Menge der offenen Verzeichnis-Streams des Elternprozesses (siehe opendir(3)).
          POSIX.1  besagt,  dass  die entsprechenden Verzeichnis-Streams auf die gleiche Position zeigen können;
          unter Linux/Glibc tun sie es nicht.

RÜCKGABEWERT

       Bei Erfolg wird im Elternprozess die PID des Kindprozesses zurückgegeben und in dem Kind 0.  Bei  Fehlern
       wird  dem  Elternprozess  -1  zurückgegeben,  kein  Kindprozess  erzeugt und errno gesetzt, um den Fehler
       anzuzeigen.

FEHLER

       EAGAIN Eine systembedingte Begrenzung der Anzahl der Threads wurde  erreicht.  Es  gibt  eine  Reihe  von
              Begrenzungen, die diesen Fehler auslösen können:

              •  die weiche Ressourcenbegrenzung RLIMIT_NPROC (mittels setrlimit(2) gesetzt), die die Anzahl der
                 Prozesse und Threads für eine reale Benutzerkennung begrenzt, wurde erreicht;

              •  die     systemweite     Kernelbegrenzung    der    Anzahl    an    Prozessen    und    Threads,
                 /proc/sys/kernel/threads-max, wurde erreicht (siehe proc(5));

              •  die maximale Anzahl an PIDs, /proc/sys/kernel/pid_max, wurde erreicht (siehe proc(5));

              •  die durch den Cgroup-Controller »process number« erzwungende  PID-Begrenzung  (pids.max)  wurde
                 erreicht.

       EAGAIN Die  aufrufende  Instanz  agiert  gemäß  der SCHED_DEADLINE-Scheduling-Regeln und hat den Schalter
              reset-on-fork nicht gesetzt. Siehe sched(7).

       ENOMEM fork() konnte wegen Speicherknappheit die erforderlichen Kernel-Strukturen nicht anlegen.

       ENOMEM Es wurde versucht, einen Kindprozess in einem PID-Namensraum, dessen »init«-Prozess  sich  beendet
              hat, zu erstellen. Siehe pid_namespaces(7).

       ENOSYS fork()   wird   auf   dieser  Plattform  nicht  unterstützt  (beispielsweise  Hardware  ohne  eine
              Speicher-Management-Einheit).

       ERESTARTNOINTR (seit Linux 2.6.17)
              Ein Systemaufruf wurde durch ein Signal unterbrochen  und  wird  neu  gestartet.  (Dies  wird  nur
              während einer Verfolgung sichtbar sein.)

VERSIONEN

   Unterschiede C-Bibliothek/Kernel
       Der  Glibc-Wrapper  für  fork()  wird  als  Teil  der NPTL-Threading-Implementierung bereitgestellt. Seit
       Version 2.3.3 der Glibc ruft der fork()-Wrapper nicht mehr den Kernel-Systemaufruf  fork()  auf,  sondern
       clone(2)  mit  Schaltern,  die  das  Gleiche bewirken wie der traditionelle Systemaufruf. (Ein Aufruf von
       fork() ist gleichbedeutend mit einem Aufruf von clone(2), bei dem für flags nur SIGCHLD angegeben  wird.)
       Der Glibc-Wrapper ruft alle Fork-Handler auf, die mittels pthread_atfork(3) eingerichtet wurden.

STANDARDS

       POSIX.1-2008.

GESCHICHTE

       POSIX.1-2001, SVr4, 4.3BSD.

ANMERKUNGEN

       Unter  Linux  ist  fork()  mittels  »copy-on-write«-Seiten implementiert, sodass der einzige Nachteil von
       fork() die Zeit und der Speicher ist, der benötigt wird,  um  die  Page  Tables  des  Elternprozesses  zu
       kopieren und eine eindeutige Task-Struktur für das Kind anzulegen.

BEISPIELE

       Siehe pipe(2) und wait(2) für weitere Beispiele.

       #include <signal.h>
       #include <stdint.h>
       #include <stdio.h>
       #include <stdlib.h>
       #include <sys/types.h>
       #include <unistd.h>

       int
       main(void)
       {
           pid_t pid;

           if (signal(SIGCHLD, SIG_IGN) == SIG_ERR) {
               perror("signal");
               exit(EXIT_FAILURE);
           }
           pid = fork();
           switch (pid) {
           case -1:
               perror("fork");
               exit(EXIT_FAILURE);
           case 0:
               puts("Kind beendet sich.");
               exit(EXIT_SUCCESS);
           default:
               printf("Kind ist PID %jd\n", (intmax_t) pid);
               puts("Parent exiting.");
               exit(EXIT_SUCCESS);
           }
       }

SIEHE AUCH

       clone(2),  execve(2), exit(2), setrlimit(2), unshare(2), vfork(2), wait(2), daemon(3), pthread_atfork(3),
       capabilities(7), credentials(7)

ÜBERSETZUNG

       Die deutsche Übersetzung dieser  Handbuchseite  wurde  von  Martin  Schulze  <joey@infodrom.org>,  Martin
       Eberhard  Schauer  <Martin.E.Schauer@gmx.de>, Holger Wansing <linux@wansing-online.de>, Mario Blättermann
       <mario.blaettermann@gmail.com> und Helge Kreutzmann <debian@helgefjell.de> erstellt.

       Diese Übersetzung ist Freie Dokumentation; lesen Sie die GNU General Public License Version 3 oder  neuer
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Linux man-pages 6.9.1                             15. Juni 2024                                          fork(2)