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BEZEICHNUNG

       select, pselect, FD_CLR, FD_ISSET, FD_SET, FD_ZERO, fd_set - synchrones E/A-Zeitmultiplexverfahren

BIBLIOTHEK

       Standard-C-Bibliothek (libc, -lc)

ÜBERSICHT

       #include <sys/select.h>

       typedef /* … */ fd_set;

       int select(int azdd, fd_set *_Nullable restrict lesedd,
                  fd_set *_Nullable restrict schreibedd,
                  fd_set *_Nullable restrict ausnahmedd,
                  struct timeval *_Nullable restrict wartezeit);

       void FD_CLR(int fd, fd_set *gruppe);
       int  FD_ISSET(int fd, fd_set *gruppe);
       void FD_SET(int fd, fd_set *gruppe);
       void FD_ZERO(fd_set *gruppe);

       int pselect(int azdd, fd_set *_Nullable restrict lesedd,
                  fd_set *_Nullable restrict schreibedd,
                  fd_set *_Nullable restrict ausnahmedd,
                  const struct timespec *_Nullable restrict wartezeit,
                  const sigset_t *_Nullable restrict sigmask);

   Mit Glibc erforderliche Feature-Test-Makros (siehe feature_test_macros(7)):

       pselect():
           _POSIX_C_SOURCE >= 200112L

BESCHREIBUNG

       WARNUNG: select() kann nur Datei-Deskriptoren-Nummern überwachen, die kleiner als FD_SETSIZE (1024) sind.
       Für  viele  modernen  Anwendungen  ist dies eine unangemessen kleine Begrenzung, aber diese Einschränkung
       wird sich nicht ändern. Alle modernen Anwendungen sollten stattdessen poll(2)  oder  epoll(7)  verwenden,
       die dieser Beschränkung nicht unterliegen.

       Mit der Funktion select() kann ein Programm mehrere Dateideskriptoren überwachen und warten, bis ein oder
       mehrere der Dateideskriptoren »bereit« für eine Klasse von E/A-Aktionen sind (z. B. Eingabe möglich). Ein
       Dateideskriptor gilt als bereit, wenn es möglich ist, eine entsprechende E/A-Aktionen (z.B. read (2) oder
       ein hinreichend kleines write(2) ohne zu blockieren) durchzuführen.

   fd_set
       Ein  Strukturtyp,  der  eine  Reihe  von  Dateideskriptoren darstellen kann. Gemäß POSIX ist die maximale
       Anzahl an Dateideskriptoren in einer Struktur fd_set der Wert des Makros FD_SETSIZE.

   Dateideskriptor-Gruppen
       Die hauptsächlichen Argumente von select() sind drei »Gruppen« von Dateideskriptoren (mit dem Typ  fd_set
       deklariert),  die  es  dem  Aufrufenden  erlauben, auf drei Ereignisklassen von der festgelegten Menge an
       Dateideskriptoren zu warten. Jedes der fd_set-Argumente kann  als  NULL  angegeben  werden,  falls  keine
       Dateideskriptoren für die entsprechende Ereignisklasse beobachtet werden soll.

       Beachten Sie gut: Bei der Rückkehr wird jede der Dateideskriptor-Gruppen so verändert, dass sie anzeigen,
       welche  Datei-Deskriptoren  derzeit  »bereit«  sind.  Falls  Sie  daher select() innerhalb einer Schleife
       verwenden, müssen die Gruppen vor jedem Aufruf neu initialisiert werden.

       Der Inhalt einer Dateideskriptor-Gruppe kann mit den folgenden Makros bearbeitet werden:

       FD_ZERO()
              Dieses Makro löscht (entfernt alle Dateideskriptoren aus) gruppe. Es  sollte  als  erster  Schritt
              beim Initialisieren einer Dateideskriptor-Gruppe eingebunden werden.

       FD_SET()
              Dieses  Makro  fügt den Dateideskriptor fd zu gruppe hinzu. Das Hinzufügen eines bereits in gruppe
              vorhandenen Dateideskriptors ist ein Leerbefehl und löst keinen Fehler aus.

       FD_CLR()
              Dieses Makro entfernt den Dateideskriptor fd aus gruppe. Das  Hinzufügen  eines  nicht  in  gruppe
              vorhandenen Dateideskriptors ist ein Leerbefehl und löst keinen Fehler aus.

       FD_ISSET()
              select() modifiziert den Inhalt der Gruppen entsprechend der nachfolgend bschriebenen Regeln. Nach
              dem  Aufruf  von  select()  kann mit dem Makro FD_ISSET() überprüft werden, ob ein Dateideskriptor
              noch in einer Gruppe vorhanden ist. FD_ISSET() gibt einen von 0 verschiedenen Wert  zurück,  falls
              der Dateideskriptor fd in gruppe vorhanden ist; falls nicht, wird 0 zurückgegeben.

   Argumente
       Die Argumente von select() im Einzelnen:

       lesedd Die Dateideskriptoren in dieser Gruppe werden überwacht, um festzustellen, ob sie bereit zum Lesen
              sind. Ein Dateideskriptor ist bereit zum Lesen, wenn ein Lesevorgang nicht blockiert; insbesondere
              ist ein Dateideskriptor auch bereit, wenn das Dateiende erreicht ist.

              Nachdem select() zurückgekehrt ist, werden alle Dateideskriptoren aus lesedd entfernt, außer jene,
              die bereit zum Lesen sind.

       schreibedd
              Die  Dateideskriptoren  in  dieser  Gruppe  werden  überwacht, um festzustellen, ob sie bereit zum
              Schreiben sind. Ein Dateideskriptor ist  bereit  zum  Schreiben,  wenn  ein  Schreibvorgang  nicht
              blockiert.  Dennoch  könnte  ein  großer  Schreibvorgang  noch  immer  blockieren, selbst wenn ein
              Dateideskriptor als schreibbar angezeigt wird.

              Nachdem select() zurückgekehrt ist, werden alle Dateideskriptoren aus schreibedd  entfernt,  außer
              jene, die bereit zum Schreiben sind.

       ausnahmedd
              Die  Dateideskriptoren  in  dieser  Gruppe  werden  auf  »Ausnahmebedingungen«  überwacht.  Einige
              Beispiele für Ausnahmebedingungen finden Sie in den Erläuterungen zu POLLPRI in poll(2).

              Nachdem select() zurückgekehrt ist, werden alle Dateideskriptoren aus ausnahmedd  entfernt,  außer
              jene, bei denen Ausnahmebedingungen aufgetreten sind.

       azdd   Dieses  Argument sollte auf die Nummer des am höchsten nummerierten Dateideskriptors in allen drei
              Gruppen plus 1 gesetzt werden. Der gekennzeichnete Dateideskriptor in jeder der drei Gruppen  wird
              bis zu dieser Begrenzung geprüft (siehe aber FEHLER).

       wartezeit
              Das  Argument  wartezeit ist eine timeval-Struktur (nachfolgend beschrieben), welche das Intervall
              angibt, das select()  warten  sollte,  bis  ein  Dateideskriptor  bereit  wird.  Der  Aufruf  wird
              blockieren, bis entweder:

              •  ein Dateideskriptor bereit wird,

              •  der Aufruf durch einen Signal-Handler unterbrochen wird, oder

              •  die Wartezeit abläuft.

              Beachten  Sie, das das Intervall wartezeit auf die Auflösung der Systemuhr aufgerundet wird. Durch
              Verzögerungen beim Kernel-Scheduling kann dieser Wert nochmals etwas größer werden.

              Falls beide Felder der Struktur timeval gleich 0 sind, kehrt  select()  sofort  zurück.  (Das  ist
              praktisch für Polling).

              Falls  wartezeit als NULL angegeben wurde, wird select() unendlich warten, bis ein Dateideskriptor
              bereit wird.

   pselect()
       Der Systemaufruf pselect() ermöglicht einer Anwendung, sicher zu warten, bis entweder ein Dateideskriptor
       bereit wird oder bis ein Signal empfangen wird.

       Das Verhalten von select() und pselect() ist bis die folgenden drei Unterschiede identisch:

       •  select() verwendet für Wartezeiten ein  struct  timeval  (mit  Sekunden  und  Mikrosekunden),  während
          pselect() stattdessen ein struct timespec (mit Sekunden und Nanosekunden) verwendet.

       •  Während  select()  das  Argument  wartezeit ändern darf, um die verbleibende Zeit anzugeben, verändert
          pselect() dieses Argument nicht.

       •  Die Funktion select() hat keinen Parameter sigmask und verhält sich wie pselect, wenn ihr für  sigmask
          ein NULL übergeben wird.

       sigmask  ist  ein Zeiger auf eine Signalmaske (siehe sigprocmask(2)); falls er ungleich NULL ist, ersetzt
       pselect() zuerst die aktuelle Signalmaske durch diejenige, auf die sigmask  weist,  erledigt  danach  die
       »select«-Funktion  und  stellt als Letztes die ursprüngliche Signalmaske wieder her. (Falls sigmask nicht
       NULL ist, wird die Signalmaske während des pselect()-Aufrufs nicht verändert.)

       Abgesehen von der unterschiedlichen Genauigkeit des wartezeit-Arguments ist der pselect()-Aufruf

           ready = pselect(azdd, &lesedd, &schreibedd, &ausnahmedd,
                           wartezeit, &sigmask);

       ist äquivalent zur atomaren Ausführung der folgenden Aufrufe:

           sigset_t origmask;

           pthread_sigmask(SIG_SETMASK, &sigmask, &origmask);
           ready = select(azdd, &lesedd, &schreibedd, &ausnahmedd, wartezeit);
           pthread_sigmask(SIG_SETMASK, &origmask, NULL);

       Falls man auf die Verfügbarkeit  eines  Signals  oder  eines  Dateideskriptors  warten  möchte,  ist  zur
       Vermeidung von Wettlaufsituationen (race conditions) eine atomare Prüfung erforderlich, die von pselect()
       erledigt  wird.  (Angenommen,  der  Signal  Handler  setzt einen globalen Schalter und kehrt zurück. Dann
       könnte eine Prüfung dieses globalen Schalters gefolgt von einem Aufruf von select() auf unbestimmte  Zeit
       hängen, wenn das Signal zwischen der Prüfung und vor dem Aufruf von select() eintrifft. Im Gegensatz dazu
       ermöglicht  es  pselect()  zuerst  Signale  zu  blockieren,  die  eingetroffenen Signale abzuarbeiten und
       anschließend pselect() mit der gewünschten sigmask aufzurufen, um Race Conditions zu vermeiden.)

   Die Wartezeit (timeout)
       Das Argument wartezeit für select() ist eine Struktur des folgenden Typs:

           struct timeval {
               time_t      tv_sec;         /* Sekunden */
               suseconds_t tv_usec;        /* Mikrosekunden */
           };

       Das korrespondierende Argument für pselect() ist eine timespec(3)-Struktur.

       Unter Linux modifiziert select() wartezeit, um  die  nicht  schlafend  verbrachte  Zeit  anzuzeigen;  die
       meisten  anderen  Implementierungen  tun das nicht. (POSIX.1 lässt beiderlei Verhalten zu.) Dies führt zu
       Problemen sowohl bei der Portierung von Linux-Code, der wartezeit liest, auf andere  Betriebssysteme  als
       auch  bei  der  Portierung  von  Code nach Linux, der eine struct timeval in einer Schleife für mehrfache
       Aufrufe von select() nutzt, ohne sie erneut zu initialisieren. Gehen Sie davon aus, dass  wartezeit  nach
       der Rückkehr aus select() nicht definiert ist.

RÜCKGABEWERT

       Bei  Erfolg  geben  select()  und pselect() die Anzahl der Datei-Deskriptoren in den drei zurückgegebenen
       Deskriptor-Gruppen zurück. (Das entspricht der  Gesamtzahl  von  Bits,  die  in  lesedd,  schreibedd  und
       ausnahmedd  gesetzt  sind.)  Der  Rückgabewert  kann  0  sein,  falls  die  Wartezeit  ablief,  bevor der
       Dateideskriptor bereitstand.

       Bei einem  Fehler  wird  -1  zurückgegeben  und  errno  wird  gesetzt,  um  den  Fehler  anzuzeigen;  die
       Dateideskriptor-Gruppen werden nicht verändert und wartezeit wird undefiniert.

FEHLER

       EBADF  In  einer der Gruppen wurde ein ungültiger Dateideskriptor angegeben. (Vielleicht war es ein schon
              geschlossener Dateideskriptor oder einer, bei dem ein Fehler aufgetreten ist.) Lesen Sie aber auch
              FEHLER.

       EINTR  Ein Signal wurde abgefangen; siehe signal(7).

       EINVAL azdd ist negativ oder übersteigt die Ressourcenbegrenzung RLIMIT_NOFILE (siehe getrlimit(2)).

       EINVAL Der Wert von wartezeit ist ungültig.

       ENOMEM Speicher für interne Tabellen konnte nicht bereitgestellt werden.

VERSIONEN

       Unter einigen UNIX-Systemen kann select() mit dem Fehler EAGAIN fehlschlagen, falls es dem  System  nicht
       gelingt,  kernelinterne  Ressourcen  zuzuweisen. Linux verwendet hierbei ENOMEM. POSIX legt diesen Fehler
       für poll(2) aber nicht für select() fest. Portable Anwendungen könnten in einer Schleife auf EAGAIN  (wie
       auch auf EINTR) prüfen.

STANDARDS

       POSIX.1-2008.

GESCHICHTE

       select()
              POSIX.1-2001, 4.4BSD (erschien zuerst in 4.2BSD).

              Im  Allgemeinen  von/nach  nicht  BSD-Systeme  portabel,  unterstützt Klone der BSD-Socket-Schicht
              (einschließlich   System-V-Varianten).   Beachten   Sie   allerdings,   dass    System-V-Varianten
              typischerweise die Variable »wartezeit« vor dem Zurückkehren setzen, die BSD-Variante aber nicht.

       pselect()
              Linux 2.6.16. POSIX.1g, POSIX.1-2001.

              Vorher wurde es in der Glibc emuliert (siehe aber FEHLER).

       fd_set POSIX.1-2001.

ANMERKUNGEN

       Der folgende Header stellt auch den Typ fd_set bereit: <sys/time.h>.

       Ein  fd_set  ist ein Puffer fester Größe. Wird FD_CLR() oder FD_SET() mit einem Wert für fd, der negativ,
       gleich groß oder größer als FD_SETSIZE ist,  ausgeführt,  führt  dies  zu  nicht  definiertem  Verhalten.
       Desweiteren verlangt POSIX, dass fd ein gültiger Dateideskriptor ist.

       Das Verhalten von select() und pselect() ist von dem Schalter O_NONBLOCK nicht betroffen.

   Der Selbst-Pipe-Trick
       Auf  Systemen,  auf denen pselect() fehlt, kann ein zuverlässiges (und portableres) Abfangen von Signalen
       mit dem Selbst-Pipe-Trick erreicht werden. Bei dieser Technik schreibt ein  Signal-Handler  ein  Byte  in
       eine  Pipe,  dessen  anderes  Ende von select() im Hauptprogramm überwacht wird. (Um mögliches Blockieren
       beim Schreiben in eine Pipe, die voll sein könnte, oder Lesen aus einer Pipe, die leer  sein  könnte,  zu
       vermeiden, wird nicht blockierende E/A beim Auslesen und Schreiben in die Pipe verwandt.)

   Emulieren von usleep(3)
       Vor  dem  Aufkommen von usleep(3) gab es Code, der select wie folgt aufrief: alle drei Deskriptor-Gruppen
       leer, azdd gleich 0 und ein von NULL verschiedenes wartezeit als recht portabler Weg, um mit  Auflösungen
       unterhalb einer Sekunde zu schlafen.

   Korrespondenz zwischen den Benachrichtigungen select() und poll()
       Innerhalb  der  Linux-Kernelquellen finden wir die folgenden Definitionen, die die Korrespondenz zwischen
       den lesbaren, schreibbaren und außerordentlichen Zustandsbenachrichtigungen von select()  und  den  durch
       poll(2) (und epoll(7)) bereitgestellten Ereignisbenachrichtigungen zeigt:

           #define POLLIN_SET  (EPOLLRDNORM | EPOLLRDBAND | EPOLLIN |
                                EPOLLHUP | EPOLLERR)
                              /* Bereit zum Lesen */
           #define POLLOUT_SET (EPOLLWRBAND | EPOLLWRNORM | EPOLLOUT |
                                EPOLLERR)
                              /* Bereit zum Schreiben */
           #define POLLEX_SET  (EPOLLPRI)
                              /* Außergewöhnliche Bedingung */

   Multithreaded Anwendungen
       Falls  ein  Dateideskriptor, der durch select() überwacht wird, in einem anderen Thread geschlossen wird,
       ist das Ergebnis nicht spezifiziert. Auf einigen UNIX-Systemen entblockt select()  und  kehrt  mit  einer
       Information zurück, dass der Dateideskriptor bereit ist (eine nachfolgende E/A-Aktion wird wahrscheinlich
       mit  einem Fehler fehlschlagen, außer ein anderer Prozess hat den Dateideskriptor zwischen dem Zeitpunkt,
       zu dem select() zurückkehrte, und dem Zeitpunkt, zu der die  E/A-Aktion  stattfindet,  wieder  geöffnet).
       Unter Linux (und einigen anderen Systemen) hat das Schließen des Dateideskriptors in einem anderen Thread
       keinen  Effekt auf select(). Zusammenfassend sollte jede Anwendung, die sich auf ein bestimmtes Verhalten
       in diesem Szenario abstützt, als fehlerhaft betrachtet werden.

   Unterschiede C-Bibliothek/Kernel
       Der Linux-Kernel erlaubt Dateideskriptor-Gruppen beliebiger Größe und bestimmt die Größe der zu prüfenden
       Gruppen durch den Wert von azdd. In der Glibc-Implementierung ist der Typ fd_set  allerdings  von  fester
       Größe. Siehe auch FEHLER.

       Die  in  dieser  Seite  beschriebene  Schnittstelle  von  pselect()  wird  durch Glibc implementiert. Der
       darunterliegende Systemaufruf heißt pselect6(). Dieser Systemaufruf hat ein etwas anderes  Verhalten  als
       die Glibc-Wrapper-Funktion.

       Der  Systemaufruf  pselect6()  von  Linux  verändert  das  Argument wartezeit. Die Glibc-Wrapper-Funktion
       versteckt dieses Verhalten durch Verwendung einer lokalen Variablen für das Argument »wartezeit«, die  an
       den  Systemaufruf  übergeben  wird.  Daher  verändert  die  Glibc-Funktion  pselect()  nicht ihr Argument
       wartezeit; dies ist das von POSIX.1-2001 verlangte Verhalten.

       Das finale Argument des Systemaufrufs pselect6() ist kein sigset_t *-Zeiger, sondern  eine  Struktur  der
       folgenden Form:

           struct {
               const kernel_sigset_t *ss;  /* Zeiger auf Signalgruppe */
               size_t ss_len;              /* Größe (in Bytes) des Objekts,
                                              auf das durch »ss« gezeigt wird */
           };

       Dies  erlaubt  es  dem  Systemaufruf,  sowohl  einen  Zeiger auf die Signalgruppe als auch seine Größe zu
       ermitteln und dabei zu berücksichtigen, dass  die  meisten  Architekturen  eine  maximale  Anzahl  von  6
       Argumenten  für  einen  Systemaufruf  erlauben. Siehe sigprocmask(2) für eine Diskussion der Unterschiede
       zwischen der Ansicht des Kernels und der Ansicht der Libc bezüglich der Singalmenge.

   Geschichtliche Glibc-Details
       Glibc 2.0 stellte  eine  inkorrekte  Version  von  pselect()  bereit,  die  das  Argument  sigmask  nicht
       akzeptierte.

       In  den  Glibc-Versionen  von  2.1  bis 2.2.1 musste _GNU_SOURCE definiert werden, um die Deklaration von
       pselect() aus <sys/select.h> zu erhalten.

FEHLER

       POSIX erlaubt einer Implementierung, eine oberer Begrenzung für den Bereich von Dateideskriptoren, die in
       einer Dateideskriptor-Gruppe festgelegt werden können, zu definieren. Diese Begrenzung soll  mittels  der
       Konstanten  FD_SETSIZE bekannt gemacht werden. Der Linux-Kernel erzwingt keine feste Begrenzung, aber die
       Glibc-Implementierung macht fd_set zu einem Typ fester Größe, wobei FD_SETSIZE als 1024 definiert ist und
       die Makros FD_*() arbeiten entsprechend dieser  Begrenzung.  Um  Dateideskriptoren  größer  als  1024  zu
       überwachen, verwenden Sie stattdessen poll(2) oder epoll(7).

       Die  Implementierung  der  Argumente  fd_set  als  Wert-Ergebnis-Argumente  ist ein Design-Fehler, der in
       poll(2) und epoll(7) vermieden wurde.

       Laut POSIX sollte select() alle festgelegten Dateideskriptoren in den  drei  Dateideskriptor-Gruppen  bis
       zur  Grenze  azdd-1  prüfen.  Allerdings  ignoriert die aktuelle Implementierung jeden Dateideskriptor in
       diesen Gruppen, der größer als die maximale Dateideskriptorennummer ist, die der  Prozess  derzeit  offen
       hat.  Laut POSIX sollte jeder solcher Dateideskriptoren, der in einer der drei Gruppen festgelegt ist, zu
       einem Fehler EBADF führen.

       Beginnend mit Version 2.1 stellt Glibc eine Emulation von pselect() bereit,  die  mittels  sigprocmask(2)
       und  select()  implementiert  wurde.  Diese  Implementierung  blieb  für  den  starken Ressourcenwettlauf
       verwundbar, der durch das Design von pselect() vermieden  werden  sollte.  Moderne  Versionen  der  Glibc
       verwenden den (ressourcenwettlauffreien) pselect()-Systemaufruf auf Kerneln, die ihn bereitstellen.

       Unter  Linux  könnte select() einen Socket-Dateideskriptor als »bereit zum Lesen« melden, obwohl trotzdem
       ein folgendes Lesen blockiert. Dies könnte beispielsweise passieren, wenn Daten angekommen sind, aber bei
       genauerer Prüfung die falsche Prüfsumme haben und daher verworfen werden. Es mag andere  Umstände  geben,
       in  denen ein Dateideskriptor fälschlicherweise als bereit berichtet werden könnte. Daher mag es sicherer
       sein, O_NONBLOCK bei Sockets zu benutzen, die nicht blockieren sollen.

       Unter Linux verändert select() auch wartezeit falls der Aufruf durch ein Signal-Handler unterbrochen wird
       (d.h. den Fehler EINTR zurückliefert). Dies  wird  von  POSIX.1  nicht  erlaubt.  Der  Linux-Systemaufruf
       pselect()  zeigt  das  gleiche Verhalten, aber der Glibc-Wrapper versteckt das Verhalten, indem er intern
       wartezeit in eine lokale Variable kopiert und diese Variable an den Systemaufruf übergibt.

BEISPIELE

       #include <stdio.h>
       #include <stdlib.h>
       #include <sys/select.h>

       int
       main(void)
       {
           int             retval;
           fd_set          rfds;
           struct timeval  tv;

           /* stdin (fd 0) auf Eingaben überwachen. */

           FD_ZERO(&rfds);
           FD_SET(0, &rfds);

           /* Bis zu fünf Sekunden warten. */

           tv.tv_sec = 5;
           tv.tv_usec = 0;

           retval = select(1, &rfds, NULL, NULL, &tv);
           /* Nicht auf den Wert von tv beziehen! */

           if (retval == -1)
               perror("select()");
           else if (retval)
               printf("Daten sind jetzt verfügbar.\n");
               /* FD_ISSET(0, &rfds) will be true. */
           else
               printf("Keine Daten innerhalb von fünf Sekunden.\n");

           exit(EXIT_SUCCESS);
       }

SIEHE AUCH

       accept(2), connect(2), poll(2), read(2), recv(2), restart_syscall(2), send(2), sigprocmask(2),  write(2),
       timespec(3), epoll(7), time(7)

       Für eine Anleitung mit Diskussionen und Beispielen lesen Sie select_tut(2).

ÜBERSETZUNG

       Die deutsche Übersetzung dieser Handbuchseite wurde von Martin Schulze <joey@infodrom.org>, Daniel Kobras
       <kobras@linux.de>,    Martin    Eberhard    Schauer    <Martin.E.Schauer@gmx.de>,    Mario    Blättermann
       <mario.blaettermann@gmail.com> und Helge Kreutzmann <debian@helgefjell.de> erstellt.

       Diese Übersetzung ist Freie Dokumentation; lesen Sie die GNU General Public License Version 3 oder  neuer
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Linux man-pages 6.9.1                             15. Juni 2024                                        select(2)