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BEZEICHNUNG

       systemd.preset - Voreinstellungen für Diensteaktivierung

ÜBERSICHT

           /etc/systemd/system-preset/*.preset
           /run/systemd/system-preset/*.preset
           /usr/local/lib/systemd/system-preset/*.preset
           /usr/lib/systemd/system-preset/*.preset
           /etc/systemd/user-preset/*.preset
           /run/systemd/user-preset/*.preset
           /usr/local/lib/systemd/user-preset/*.preset
           /usr/lib/systemd/user-preset/*.preset

BESCHREIBUNG

       Voreinstellungsdateien können dazu benutzt werden, Richtlinien, welche Units standardmäßig aktiviert und
       welche standardmäßig deaktiviert werden sollen, zu kodieren. Sie werden von systemctl preset gelesen, das
       diese Informationen verwendet, um eine Unit zu aktivieren oder zu deaktivieren. systemctl preset wird von
       den »post install«-Skript-Stücken von RPM-Paketen (oder anderen Betriebssystem-Paketformaten) verwandt,
       um eine Unit bei der Paketinstallation standardmäßig zu aktivieren oder zu deaktivieren und damit die
       Voreinstellungsrichtlinie der Distribution, der Variante oder des Administrators durchzusetzen. Dies
       erlaubt es, die Aktivierung/Deaktivierung einer bestimmten Gruppe von Units sogar vor deren Installation
       auszuwählen. Für weitere Informationen siehe systemctl(1).

       Es wird nicht empfohlen, die Voreinstellungsdateien mit dem betreffenden Softwarepaket, das die Unit
       implementiert, auszuliefern. Stattdessen sollte sie in einer Richtlinie der Distribution oder der
       Variante zentralisiert werden, die dann von der Administratorrichtlinie ergänzt werden kann, siehe unten.

       Falls keine Voreinstellungsdateien existieren, werden Voreinstellungsaktionen alle Units aktivieren, die
       standardmäßig installiert sind. Falls dies nicht gewünscht ist und stattdessen alle Units deaktiviert
       sein sollen, ist es notwendig, dass eine Voreinstellungsdatei mit einer einzelnen, alles auffangenden
       Zeile »disable *« ausgeliefert wird. (Siehe Beispiel 1 unten.)

       Wenn die Maschine erstmalig gestartet wird, wird systemd(1) alle Units entsprechend der
       Voreinstellungsrichtlinie aktivieren/deaktivieren, ähnlich zu systemctl preset-all. Siehe auch
       ConditionFirstBoot= in systemd.unit(5) und die »Semantik beim ersten Systemstart« in machine-id(5).

VOREINSTELLUNGSDATEIFORMAT

       Die Voreinstellungsdateien enthalten eine Liste von Direktiven, eine pro Zeile. Leere Zeilen und Zeilen
       deren erstes, von Leerraum verschiedenes Zeichen »#« oder »;« ist, werden ignoriert. Jede Direktive
       besteht aus einem der Worte »enable«, »disable« oder »ignore«, gefolgt von Leerraum und einem Unit-Namen.
       Der Unit-Name darf Shell-artige Platzhalterzeichen enthalten.

       Für die »enable«-Direktive können für Vorlagen-Units eine oder mehrere Instanzennamen als durch
       Leerzeichen-getrennte Liste nach dem Unit-Namen festgelegt werden. In diesem Fall werden diese Instanzen
       aktiviert, anstelle der mittels DefaultInstance= in der Unit festgelegten Instanzen.

       Voreinstellungen müssen sich auf die »echte« Unit-Datei und nicht auf einen Alias beziehen. Siehe
       systemd.unit(5) für eine Beschreibung von Aliasen bei Units.

       Es werden drei verschiedene Anweisungen verstanden: »enable« kann benutzt werden, um Units standardmäßig
       zu aktivieren, »disable«, um Units standardmäßig zu deaktivieren und »ignore«, um Units zu ignorieren und
       bestehende Konfiguration intakt zu lassen.

       Falls auf einen Unit-Namen mehrere Zeilen passen, erhält die erste passende Zeile Vorrang über alle
       anderen.

       Jede Voreinstellungsdatei muss einen Namen der Art <Priorität>-<Richtlinienname>.preset haben. Dateien in
       /etc/ setzen Dateien mit dem gleichen Namen in /usr/lib/ und /run/ außer Kraft. Dateien in /run/ setzen
       Dateien mit dem gleichen Namen in /usr/lib/ außer Kraft. Pakete sollten ihre Voreinstellungsdateien in
       /usr/lib/ installieren. Dateien in /etc/ sind für den lokalen Administrator reserviert, der diese Logik
       dazu verwenden kann, Voreinstellungsdateien des Lieferanten außer Kraft zu setzen. Alle
       Voreinstellungsdateien werden nach ihrem Dateinamen in lexikographischer Reihenfolge sortiert, unabhängig
       davon, in welchem Verzeichnis sie sich befinden. Falls mehrere Dateien den gleichen Unit-Namen festlegen,
       wird der Eintrag in der Datei mit dem lexikographisch niedrigsten Namen angewandt. Es wird empfohlen,
       allen Dateinamen eine zweistellige Zahl und einen Bindestrich voranzustellen, um die Ordnung der Dateien
       zu vereinfachen.

       Falls der Administrator eine vom Lieferanten bereitgestellte Voreinstellungsdatei deaktivieren möchte,
       wird empfohlen, einen Symlink in /etc/systemd/system-preset/ auf /dev/null zu setzen, der den gleichen
       Dateinamen trägt.

BEISPIELE

       Beispiel 1. Standardmäßig aus

           # /usr/lib/systemd/system-preset/99-default.preset

           disable *

       Dies deaktiviert alle Units. Aufgrund des vorangestellten »99-« des Dateinamens wird dies zuletzt
       eingelesen und kann daher leicht durch eine Varianten- oder Administratorenvoreinstellungsrichtlinie
       außer Kraft gesetzt werden.

       Beispiel 2. Aktiviert mehrfache Vorlageninstanzen

           # /usr/lib/systemd/system-preset/80-dirsrv.preset

           enable dirsrv@.service foo bar baz

       Dies aktiviert alle drei Dienste: dirsrv@foo.service, dirsrv@bar.service und dirsrv@baz.service.

       Beispiel 3. A GNOME-Variante

           # /usr/lib/systemd/system-preset/50-gnome.preset

           enable gdm.service
           enable colord.service
           enable accounts-daemon.service
           enable avahi-daemon.*

       Dies aktiviert die drei erwähnten Units plus alle Avahi-Daemon, unabhängig vom Unit-Typ. Eine Datei
       dieser Art könnte für die Aufnahme in eine GNOME-Variante einer Distribution nützlich sein. Sie stellt
       sicher, dass die für GNOME notwendigen Units korrekt bei der Installation aktiviert werden. Es lässt alle
       anderen Units unberührt, diese können (später) durch andere Voreinstellungsdateien beeinflusst werden,
       beispielsweise von der aus dem ersten Beispiel.

       Beispiel 4. Administrator-Richtlinie

           # /etc/systemd/system-preset/00-lennart.preset

           enable httpd.service
           enable sshd.service
           enable postfix.service
           disable *

       Dies aktiviert drei spezielle Dienste und deaktiviert alle anderen. Dies ist für Administratoren
       nützlich, die genau die zu aktivierenden Units auswählen und alle anderen deaktivieren. Aufgrund der dem
       Dateinamen vorangestellten »00-« wird sie früh gelesen und alle anderen Voreinstellungsrichtliniendateien
       außer Kraft setzen.

MOTIVATION FÜR DIE VOREINSTELLUNGSLOGIK

       Verschiedene Distributionen haben verschiedene Richtlinien bezüglich der standardmäßig aktivierten
       Dienste, wenn ein von ihnen ausgeliefertes Paket installiert wird. Unter Fedora bleiben alle Dienste
       standardmäßig ausgeschaltet, so dass die Installation eines Paketes nicht dazu führt, dass ein Dienst
       aktiviert wird (mit einigen Ausnahmen). Unter Debian sind alle Dienste sofort aktiviert, so dass die
       Installation eines Pakets dazu führt, dass der Dienst direkt aktiviert ist.

       Selbst innerhalb einer Distribution haben verschieden Varianten (oder wie auch immer Variationen benannt
       sind) einer Distribution verschiedene Richtlinien, welche Dienste aktiviert und welche Dienste
       ausgeschaltet bleiben sollen. Beispielsweise wird die Fedora Workstation gdm standardmäßig als
       Display-Manager aktivieren, während die Fedora-KDE-Variante stattdessen sddm aktiviert.

       Verschiedene Organisationen könnten auch verschiedene Richtlinien haben, was standardmäßig aktiviert und
       was ausgeschaltet werden soll. Beispielsweise könnte ein Administrator es bevorzugen, dass »sshd immer
       eingeschaltet, aber alles andere ausgeschaltet sein soll«, während ein anderer vertreten könnte, dass
       »snmpd immer eingeschaltet sein soll, und bei allem anderen die Standardrichtlinien der Distribution
       verwandt werden sollen«.

       Traditionell wurde die Richtlinie, welche Dienste aktiviert werden sollen, in jedem Paket individuell
       implementiert. Dadurch wurde es mühsam, andere Richtlinien pro Variante zu implementieren oder
       Software-Pakete zu erzeugen, die das richtige auf mehr als einer Distribution machen. Dieser
       Aktivierungsmechanismus kodierte auch die Aktivierungsrichtlinie.

       Dieser Voreinstellungsmechanismus erlaubt eine saubere Trennung des Aktivierungsmechanismus (innerhalb
       der Paket-Skripte, durch Aufrufen von systemctl preset) und der Aktivierungsrichtlinie (zentralisiert in
       den Voreinstellungsdateien) und hebt die Konfiguration aus den einzelnen Paketen. Voreinstellungsdateien
       können für bestimmte Distributionen, für bestimmte Varianten oder bestimmte Organisationen geschrieben
       werden, um je nach Bedarf verschiedene Richtlinien durchzusetzen. Es wird empfohlen, die in den
       Voreinstellungsdateien kodierten Richtlinien in den Paketinstallationsskripten anzuwenden.

SIEHE AUCH

       systemd(1), systemctl(1), systemd-delta(1)

       In daemon(7) finden Sie eine Diskussion der Paketierungsskripte.

       Fedora-Seite, die die Verwendung von Voreinstellungen vorstellt:
       Funktionalitäten/PaketVoreinstellungen[1].

ANMERKUNGEN

        1. Funktionalitäten/PaketVoreinstellungen
           https://fedoraproject.org/wiki/Features/PackagePresets

ÜBERSETZUNG

       Die deutsche Übersetzung dieser Handbuchseite wurde von Helge Kreutzmann <debian@helgefjell.de> erstellt.

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       Wenn Sie Fehler in der Übersetzung dieser Handbuchseite finden, schicken Sie bitte  eine  E-Mail  an  die
       Mailingliste der Übersetzer: debian-l10n-german@lists.debian.org.

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